Hintergrund und Bildung

Geschichte

Wir haben zwar durch die Corona-Pandemie bedingt angefangen, aktiv Geld umzuverteilen. Jedoch gab es dieses Idee und Initiativen schon viel früher. Für uns ist es ein schönes Gefühl, dass wir an eine alte feministische Praxis anknüpfen:

Ende der 1980er- und Anfang der 1990er-Jahre gründeten sich mehrere Proll-Lesbengruppen. Lesben, die beispielsweise in der Armutsklasse, in „Prolofamilien“, auf Bäuer*innenhöfen, als Töchter von Fabrikarbeiter/innen oder Handwerker/innen oder in Heimen aufgewachsen waren, organisierten sich in separaten Kleingruppen. Die Beteiligten betrieben Selbsterfahrung, Analyse und Empowerment, mobilisierten weitere Proll-Lesben und intervenierten auf verschiedene Weisen anti-klassistisch in die damalige Frauen- und Lesbenbewegung der BRD.

Dr.in Julia Roßhart und Martina Witte

Unter anderem gründete „[…]die Proll-Lesbengruppe II ein Umverteilungskonto: ein Konto, in das reichere Lesben einzahlten und von dem ärmere Lesben Geld abhoben, anonym. Bis zur Auflösung der Gruppe wurde so zwei Jahre lang erfolgreich Geld umverteilt.“

Wie kam das?

Ein wichtiger bewegungsgeschichtlicher Hintergrund war die sogenannte Differenzdebatte der 80er- und 90er-Jahre: Innerhalb der Frauen- und Lesbenbewegung erstarkten Aktivitäten, die sich dem Problem der Unterdrückung zwischen FrauenLesben widmeten – und zwar nicht zuletzt bezogen auf den Bewegungsalltag und die feministischen Aktivistinnen selbst. Jüdische FrauenLesben, Schwarze FrauenLesben, Migrantinnen und FrauenLesben mit Behinderung bildeten teils eigene Gruppen und Netzwerke. Dass auch Klassenunterschiede das lesben- und frauenbewegte Miteinander prägten – diesem Problem widmeten sich, zusammen mit einigen anderen Akteurinnen, die Proll-Lesbengruppen.

Dr.in Julia Roßhart und Martina Witte

All die Textausschnitte kommen aus dem Artikel über Proll-Lesbengruppen im Digitalen Deutschen Frauenarchiv. Hier ein großes Dankeschön an alle, die diese wichtige Archivierungsarbeit machen, die die Geschichten aufschreiben und weitererzählen. Uns gibt das ein warmes Gefühl des ‚eingebettet seins‘, eines Anknüpfens an Kämpfe, die schon vor uns geführt wurden.

Wenn ihr euch mehr darüber informieren wollt:


Zudem leben auch in unserer Gruppe einige in solidarischen/gemeinsamen Ökonomien. Das Prinzip erinnert an Familienstrukturen, in denen alle zusammen von einem Konto leben und sich das Geld teilen. Auch dort wird solidarisch umverteilt, die Kinder bekommen Geld von ihren Eltern etc. In einer solidarischen Ökonomie passiert dieses losgelöst von Familienstrukturen. Geld wird geteilt und somit werden auch individuelle finanzielle Herausforderungen gemeinsam gestemmt. Falls ihr mehr dazu wissen wollt, schaut gern im Wiki für gemeinsame Ökonomie vorbei oder schreibt uns ne Mail.


Klassismus ist übrigens noch ein relativ neuer Begriff. Wenn ihr euch mehr damit auseinandersetzen wollt: